VON JOHANN JOSEF FELDER AUS LA ROCHELLE

lfndenr: 
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26. August 1860

Mon cher ami!

Dein Schreiben vom 18 d. M. habe ich nun ganz gelesen, u. ich beeile mich Dier zu antworten. Warum Du einen so kalten Brif, wie Du Dich ausdrückest, von mir erhalten hast, wahr wahrhaftig nicht Deine Schuld, wie ich in Deinem Schreiben vom 18. lese, sondern die Schuld der Postverwal­tung, die Dein schreiben vom 27 Mai weis der Gugu wo hin spediert hat, einmahl ich habe es nicht erhalten. Jedoch die­ses Misgeschick wird sich hoffentlich bald herstellen et par­lons plus. Unter anderem bedaure ich sehr, daß Du das Unglück hattest, am Grabe eines Amour bien emme zu ste­hen, was Deinem Freund noch nicht begegnet ist, denn ich halte an den Französischen Grundsatz (Ein anderes Städchen, ein anderes Mädchen). Jedoch empfinde ich sehr wohl, daß es das größte Glück des Menschen ist, geliebt zu sein, amour, amour, la nuit comme le jour. Noch mehr aber bedaure ich Deine schreckliche läge, in der Ach am 6. Juli. Und ich beeile mich, Dier Glück zu wünschen u. Dich zu Umarmen als mei­nen gereteten Freund.

Weiter lese ich in Deinem schreiben, wie immer, daß Du mir vieles u. Wichtiges mitzutheilen habest. Seit ich in Franck­reich bin, jeder Deiner Briefe verspricht mir diese Wichtigkeit auf das nächste mahl u. gerade dieses hofen u. nicht antwor­ten hatt mich zum letzten schreiben veranlaßt. Jetz aber werde ich Dier Erzählen was mich anbelangt: Ich befinde mich wohl u. bin so zufriden, nur das schlechte Wetter spilt mir hie u. da Possen. Ich wollte die Meer-bäder benützen, aber es ging bis daher fast immer ein fölliger Krumbacher Wind u. das gesalzene Wasser ist dann auch kalt. Seit 2 Tagen haben wier nun gut Wetter u. es scheint anhaltend. Heute Morgen 9V2 Uhr habe ich tief im großen Weltmeer gestanden u. erinnerte mich, wenn die Wellen über meinen Kopf schlu­gen, an Deine nasse läge in der Ach. Das Baden im Meer schlägt mir gut an. Jedoch muß ich Dier anzeigen, daß ich La Rochelle bald verlaße. Künftigen Sonntag wo du diese Zeilen lesen wirst, befinde ich mich wahrscheinlich auf offenem Meer, vortgetriben von einem Dampfer, der mich an ein anderes Ufer trägt. Ich verreise nach Bordeaux u. schlage den Weg zu Meer über Royan ein. Seie jedoch ohne Kummer, denn das Schiff ist fester gebaut als der Schalzbachersteg. Es trägt den Namen: Admirale Dupere. Übrigens bemerke ich Dier nichts u. behalte für das nächste mahl etwas. Die Polli­tick wird, wie es scheint die Östreichischen Papier Helden noch einmahl in Schlachtordnung stellen, wo ich dann schreien muß vivat liberte vivat Garibaldi. Ich bitte Dich schreibe mir das nächste mahl auch etwas von meiner Schwester. Ich weis wahrhaftig nicht ob sie noch am Leben ist, oder ist Dier die Schwester Deines Freundes gleich­gültig, nein das glaube ich wahrhaftig nicht. Grüße mir auch Deine Mutter, um welches besitzthum ich Dich wahrhaftig beneide, denn ich kenne heute, in der weiten ferne, daß mir dieses Glück geraubt ist. Alle meine Freunde grüße ich Tau­sendmahl u. hoffe ein Wiedersehen wenn es mir vergönnt ist. Mein reisen in Franckreich rückt seinem Ende [zu], jedoch kann es der Fall sein, daß mich die Neugirde über den Kanal treibt wo ich dann den großen Kohlendampf von England einathmen werde, jedoch dafon das nächstemahl. Ich bitte Dich die parr beigelegten Zeilen an meinen Vatter zu über­geben. Adie. Mit Brudergruß und Handschlag

Seppel

Bis auf neue order adressire den Brif Post Reste, aber ant­worte sogleich denn in 14 Tagen werde [ich] in Bordo auf die Post gehen u. nachsehen. Du machst die Adresse Monsieur J. Felder horloger Poste restante ä Bordeaux France Vergesse aber nicht den Brif zu frankiren.

Keine