AN JOHANN JOSEF FELDER [IN LA ROCHELLE] [FRAGMENT]
[...] Als wir vor vier Jahren Abschied nahmen, Himmel, eher hätte ich ans Sterben gedacht, als daran, einmal einen so kalten Brief von dir zu erhalten. O, ich hätte dir so viel mitzuteilen, aber größter Gott, wenn ich an deinen Brief denke, kann ich nichts tun, als mich und dich beklagen ... Wenn du mich noch ein wenig liebtest; aber dein Brief verleugnet jedes Gefühl dieser Art; wenn du mich noch liebtest, so würde ich dir bald mehr schreiben, aber heute bin ich zu aufgeregt... Ruhig, armes Herz, du hast schon mehr erfahren! Schon vor drei Jahren stand ich am Grabe eines Mädchens, das ich liebte, o so innig, es ist vorüber und nun ist auch mein Freund tot für mich. Im Frühling dieses Jahres habe ich auch die Reise bis an die Grenzen der Ewigkeit gemacht, aber gottlob, ich lebe noch! Teuerster, Unvergeßlicher! Vielleicht nimmt dein Herz doch noch einigen Anteil an mir und in dieser Voraussetzung will ich dir erzählen, daß ich im Frühling in die Ach gestürzt wurde. Ich trieb am 6. Juli acht Kühe über den Schalzbachersteg. Als ich auf der Mitte des Stegs war, brach dieser unter der Last zusammen und ich und die Kühe stürzten in das Wasser, das zu jener Zeit ungewöhnlich groß war. Ich wurde mitten unter den Balken fortgeschwemmt, hielt mich dann an einem Holzstück eine Viertelstunde lang. Ja, Freund, so stand dein Michel von 1/4 und 5 Uhr bis 6 Uhr in der reißenden Ach auf einem Stein, jeden Augenblick den Tod erwartend, wenn nicht schnelle Hilfe käme. Sie nahte, aber in demselben Augenblicke verließ mich alle Kraft und ich stürzte von neuem ins Wasser. Josef Oberhauser rettete mich mit eigener Gefahr; aber es dauerte 21/2Stunden, bis der Arzt das Schlagen meines Pulses bemerkte. O ich hätte dir noch viel zu schreiben, aber ich bin heute zu aufgeregt. Aber ich nenne dich doch Freund, ich verzeihe dir alles. Aber ich bitte dich, wenn du noch mein Freund bist, schreibe mir recht bald! [...]