KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
115
26. März 1864

Lieber Freund!

Deine letzten zwei Briefe habe ich mit viel Gefallen gelesen. Was von Dir kommt, regt mich eigentümlich an und hinter­läßt stets eine wohltuende Wirkung. - Die Grabschrift ist entsprechend, und ich bin einverstanden, wie Ihr's macht. ­Die Rezension des Dr. Vonbun ist auch mir aufgefallen, und es kommt mir vor, als ob Dir wirklich Unrecht geschehen sei. Ich habe deshalb bereits ein Schreiben an die Redaktion der Landeszeitung gerichtet, das in Bälde erscheinen dürfte. Ob es Dich befriedigt oder nicht, wird sich zeigen. Ich möchte den Frieden zwischen Dir und Vonbun, wie auch mit der Re­daktion. Sollte er aber nicht möglich sein, so werde ich frei und offen bei der Partei verharren, bei der Du mich finden wirst. Wenn die Zeitung Partei ergreifen sollte und mein Schreiben zurückweisen, werde ich an der Handhabe des Preßgesetzes ihr den einmal notwendigen Standpunkt an­weisen. -

Es wäre mir sehr unangenehm, sollte es zwischen dem emp­findlichen Vonbun und mir zu Erörterungen kommen, aber mein Wunsch, daß jedem Recht geschehe und namentlich meinem Freunde kein Unrecht, also die Rechts- und Freundes­liebe verscheuchten alle Bedenken, und ich nahm meine Handschrift und schrieb. -

Ich beharre übrigens bei meiner Konzentrierungsmethode und suche, frei von Affekten und Leidenschaften, geistige Ruhe. Den Zorn, den Du über die Vonbunsche Kritik hast, möchte ich um viel Geld nicht. Reut Dich nicht der Mangel des har­monischen Seelenlebens während der Zeit, bis dieser Zorn wieder in den Wind verflogen ist, aus dem er kam? - Man muß die Welt ertragen wie sie ist, nicht bloß ihre Wohl­gerüche, auch ihre Stinkkräuter. Doch bei Deiner innern Kraft ist derlei Zureden überflüssig. -

Was ist mit dem Frohnhof? Um den Vonbun ganz zu ver­stehen, wäre die Kenntnis desselben notwendig. Falls seine Kritik und meine zurückhaltende Antwort wider Hoffen zu weiteren Auseinandersetzungen führen sollten, benötige ich wahrscheinlich den Frohnhof, wie auch Deine Ansicht dar­über, was Vonbun in dem betreffenden Satz (ich habe die Zeitung gerade nicht zur Hand) sagen wollte. Im Benötigungs­falle wirst Du mir beides zukommen lassen. - Du siehst, daß ich mit Vonbun über diese Sache gar nicht spreche. Wir kommen öfter zusammen und verkehren freundschaftlich, aber seine Kritik war noch mit keinem Worte berührt. ­Den Brief des Bergmann habe ich ihm gezeigt, er fand den­selben schön und bergmannisch. -

Von der Erlaubnis, ihm auch Deinen letzten Brief mitteilen zu dürfen, mache ich keinen Gebrauch. Wenn Du in jeder Polemik so verhitzt wärest, würde ich Dir raten, das im Eifer Niedergeschriebene so lange in keine Zeitung zu geben oder sonst vor Veröffentlichung zu bewahren, bis Du es wieder mit kaltem Blute überlesen hast. Von einem Gegner nimmt man die Form und Manier gewöhnlich nur dann an, wenn man sich für von ihm überwunden bekennt. Nach meiner Ansicht aber tust Du besser, wenn Du bei Deiner Originalität beharrst und Dich stets mehr an die obersten Regeln der Kunst (ideale Natur) als an die Forderungen der Tageskritik hältst. Innere Energie und Richtung nach dem Ideal!­Sag meinem Bruder Jauk, er soll wegen der Weiden in Ruggera jetzt nur suchen, daß er sie besetze und somit in Benützung habe. Das andere werde ich dann suchen zu ordnen, wenn ich im Sommer heimkomme. ­Ich und mein Weibl sind heidelwohlauf und der dialektische Prozeß, wonach sich aus der Position „Ich", dem Gegensatz „Sie" der spekulative Faktor „Es" entwickelt, geht ganz regelmäßig vor sich. - Mir geht auch sonst recht wohl, und ich trage die Bürde des Doppellebens bis nun so leicht wie die des Hiniplum's. - Auf Georgi wird's wieder hoch her­gehen. Vermelde dem ganzen Klub meinen Respekt und Jorgo meine guten Wünsche. Ich unterschreibe im vorhinein Deine Gratulation. Grüß mir alles und laß bald wieder was hören. Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine