VON RUDOLF HILDEBRAND
Liebster Freund,
In Eile - kurz vor meiner, unserer Abreise nach Thüringen, wohin ich für die Pfingstwoche mit allen den Meinigen gehe (nach Arnstadt) - noch ein Wort an Dich. Ich habe Dein Reich und Arm nun durch, und wünsche Dir Glück zu dem Werke, es ist wieder ein Stück rechtes Menschenleben aus der Wurzel herausgeholt und zu einem schönen und großen Ganzen verarbeitet; ich glaube auch hier und da gegen die Sonderlinge einen Fortschritt Deiner Kunstart zu erkennen, und kurz und gut es ist ein wahrer Gewinn für uns alle. Ich kann jetzt nicht mehr schreiben, vor Reiseunruhe, aber da Du doch kommst, können wir ja einige mir fragliche Kleinigkeiten hier behaglich besprechen. Daß Hirzel den neuen Roman druckt, daran zweifle ich nicht nach einer vorgestern gethanen Äußerung von ihm, als er mich fragte wie mirs gefiele; er meinte, wenn mirs gefiele, wollte ers gern drukken. Thut ers aber endlich doch nicht, so soll das kein Unglück sein. Aber er thuts glaub ich.
Die Sendung nach Holland ist nun auch fort. Dein Kommen denk ich mir im Juni oder nicht viel später, doch mußt Du Dich ja nach Deinen Verhältnissen richten. Mit dem Reisegelde bleibts bei dem Gesagten.
Wir haben jetzt schon vollen Sommer, wochenlang sonniges Wetter, es ist eine Pracht, freilich heiß. Bei Euch wird doch noch Schnee nicht bloß auf den Höhen sein, ich möchte das schon einmal sehen. Doch für jetzt nach dem grünen, freundlichen Thüringen.
Leb wol, grüß mir die Deinigen herzlich und alle Freunde, in Hoffnung auf baldiges Wiedersehen
Dein R. Hildebrand.