VON JOSEF FEUERSTEIN AUS BEZAU
Lieber Freund!
Obwohl ich noch nicht bestimmt weiß ob ich Dir das bewußte Exemplar der Vorarlberger Zeitung heute übersenden kann so will ich wenigstens das Versprechen eines Schreibens heute lösen.
Was unsere Angelegenheit betrifft so muß ich Dir bemerken was die Meinung solcher ist, die die Broschüre über Gleichberechtigung gelesen, aber keine weiteren Kenntniße als die Anschauung des praktischen Lebens sich erworben haben. Schöne Ideen aber nicht ausführbar. Das Volk kann sich auf keine so hohe Stufe erheben um von den höheren Ständen nicht ausgenützt zu werden. -
So eben bin ich in meinem Schreiben unterbrochen worden durch einen Besuch des Christian Moosbrugger; er hat sich den Plan gemacht nach Amerika zu gehen, und will sich denselben nicht nehmen lassen. Ich habe ihm das Anerbiethen gemacht als Freund bei mir in meinem Hause 10 Tage zu verweilen sich die Sache noch zu überdenken, und wenn es ihm bei mir gefalle wolle ich ihm einstweilen, bis er sich aus wirklich freien Stücken etwa eine andere Laufbahn gewählt für angemessene Beschäftigung sorgen sonst aber könne er seinen Plan immer noch ausführen. Ich bin wirklich im wahren Sinne des Wortes sein Freund u. wenn ich mit eigenen Opfern für ihn etwas thun könnte, so würde ich es thun. Vor der Hand hat er mein Anerbiethen rund weg abgeschlagen auf mein Zureden noch die Entscheidung bis heute Abend angenommen oder vorbehalten. -
In Bezug Deiner Mittheilung den Redakteur der Feldkircher Zeitung zur Gründung eines geeigneten Blattes zu gewinnen wäre ich einverstanden. Jedoch ist mir nicht klar wie ein Provinzialblatt mit einem Besoldeten Redakteur finanziell bestehen könnte u. zweitens würde es die geistliche Partei nie vergessen können, daß er früher Redakteur der Feldkircher Zeitung gewesen. Dieß sind jedoch Gedanken eines Laien. Hättest Du nicht die Güte mir Dein Gedicht über Kathrina Tag in Au zu übersenden. Die Zeit drängt lebe wohl auf Wiedersehen
Dein Freund Josef Feuerstein