VON JOHANN JOSEF FELDER AUS NIORT

lfndenr: 
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24. April 1859

Mon cher ami!

Dein Schreiben, od. vilmehr, Dein weis u. schwarz, vom 21. v. M. habe ich richtlich erhalten, aber lange nicht gut verstan­den, denn die Buchstaben wahren erbärmlich Masackerirt. Die Eile, von der Sie mir schriben, verstehe ich wieder nicht, denn ich schrib im Dezember, u. Sie Antworteten mir im März, u. in 3 Monathen läßt sich so ein Brif gemüthlich schreiben. Verstanden. Heute nun ist Ostern, u. die langeweile trib mich an, Dier u. meinen Bekannten etwas zu schreiben, denn glaube mir sicher hir ist der Geburtsort von Langerweile, u. wenn heute nicht das Treiben der Soldaten zu sehen währe würde ich mein Zimmer nicht verlassen. Du schriebst mir, Du währest gesund u. zufrieden wie noch nie, u. darum beneide ich Dich. Ich bin auch gesund aber nie zufrieden froh. Du zweifelst daran, das ich Dich vergessen habe, u. daß ist unmöglich, denn keine neue Bekanntschaft, u. Vergnügen, beraubt mich desjenigen, was mir früher lieb u. werth war.

Mit Deinem Französisch lernen wo Du mir bemerktest nenne ich Dich einen plageur od. einen poltro, glaube aber ich ver­stehe gegenwärtig beinahe alles was gesagt wird, aber spre­chen kann ich leider nicht alles. Morgen gehe ich zu einem Professer u. lerne Lesen u. schreiben, aber o bon Dieu, das kostet nur 20 Fr. per Monath.

Mein Vetter ist gegenwärtig zu Hause u. sagt mir täglich was es neues gibt auf dem Teater des Kriges: Gestern sind alle Reserve aufgerufen worden, u. heute u. Morgen geht jeder zu seinem Regiment. Überhaupt ist alles im Diskurs mit lauter Krig u. Kanonen begriffen. Wie lange ich hir bleibe, kann nur das Schicksal wissen, u. so bitte ich Dich schreibe mir geschwind, was der Krig für ein Gesicht bei Uns macht. Ich grüße meinen Theuren Herrn Vatter u. alle Tausendmahl u. wünsche Ihnen, was Ihnen nur zum besten nützlich ist, desgleichen auch Deine werthe Muter. Es grüßt Dich u. Deine Freunde mit Brudergruß u. Handschlag

J.J.Felder

Beiliegend erhalten Sie ein Kuwert mit meiner Adresse, wo sie nur den Ihrigen Brief hinein machen.