AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
534
19. Mai 1868

Liebster Freund!

Glaube ja nicht daß ich weniger an Dich denke, wenn ich Dir auch nicht gleich schreibe. Die Feldarbeit hat begonnen. Schöne herrliche Tage sind über unser Ländchen gekommen. Alles jubelt und mir ist so wol im Freien, daß ich kaum noch an Dinte und Feder denke, und an das schneeweiße Papier. Gestern war ich in Hopfreben und führte Mist auf die schnee­freien Weideplätze. Da kam der erste Vergnügungsreisende und sah meiner Weltverbesserung zu. Er erfuhr dann von seinem Führer, daß das ärmlich gekleidete Bäuerlein der Ver­fasser der Sonderlinge [sei]. Herzlich drückte er mir nun die Hand. Wir plauderten lange neben dem Misthaufen und seine Frau setzte sich auf einen Holzblock vor meiner Hütte. Ich wünschte ihm von Herzen Glück auf den Weg. Mögen sie alle bei uns recht vergnügt sein, uns reicher, gekräftigter verlassen. Land und Stadt, beide haben sich nötig wie Baum­stamm und Mark. Ich sehe die Reisenden ganz anders an seit ich selbst einer war. Früher fühlte ich mich an die Scholle gewachsen, wenns mir auch da nicht recht behagte und jede Berührung mit dem Fremden war mir etwas peinlich. Jetzt aber geh ich allem mit freiem frohen Gefühl entgegen. War­um kommst nicht auch Du mit der Tasche und dem grauen Tuch vielfachem Gebrauche trefflich dienend, und machst Eroberungsreisen mit mir; dießmal müßten wir wol nach Schwaben. -

Ich käme leicht ins Plaudern, ob ich Dich schon da hätte. Daran ist wol auch das von Dir mitgeschickte Festspiel Schuld, welches mich wieder lebhaft an einige recht schöne Plauder­abende erinnert hat. Herzlichen Dank dafür und für Deinen Glückswunsch zum Geburtstag und für alles was Du mir thust und ich armer Wicht niemals Dir vergelten kann. In der öster Gartenlaube 7 ist ein Artikel über die Fremdler und sg Freimaurer von mir erschienen, den ich Dir zuschicken ließ. Es scheint, daß Du ihn nicht erhalten hast und ich will nun „stören". Was in dem Blatt über mich gesagt wurde, ist von Pröll und hat er dazu auch briefliche Mittheilungen, flüchtig hingeworfen zusammengestellt u benützt. Letzten Sonntag machte ich mit dem Kurat von Rehmen und dem neuen Pfarrer von Au den Plan einer wöchentlichen Abendversammlung im Rößle. Denke Dir, was unsere Eiferer dazu für Augen machen. Vielleicht bringen wir auch noch vor meiner Abreise etwas zuwege. Bevor ich gehe, hoffe ich noch von Reich und arm zu hören und kann schon darum jetzt den Tag und die Woche nicht bestimmen. Jedenfalls melde ich mich vorher. Die Meinen sind alle wol und grü­ßen Dich vielmal. Der Uhrenmacher gräbt seinem Wible vor dem Haus einen Garten. Auch ich verdiene mein Brot im Schweiß und bin so vonnöth' daß ich diesen Brief zwei Tage später schließe als ich ihn begann. Lebe wol! Es grüßt Dich herzlich

Dein Freund FM Felder

Keine