AN RUDOLF HILDEBRAND
Lieber Freund!
Noch läßt mich der Übergang, der hier regiert, sehr wenig schreiben aber Du mußt jetzt endlich einige Zeilen haben. Ich habe heute 4 Beilagen mitzugeben die Dich, meinen lieben Freund, gewiß auch freuen. Die Federzeichnungen schrieb ich im Jänner, wartete im Februar auf ihr Erscheinen, gab sie dann im März verloren und schrieb das Schattenbild für die Tagespost. So kam es, daß beide Artikel fast gleichzeitig erschienen. Den Ersten hat, wie mir Bergmann meldet, der Landeshauptmann dem Minister Herbst mitgetheilt. Pröll, der Redacteur unserer Gartenlaube, hat meine Verbindung mit dem Wanderer und der Tagespost vermittelt. Die Beilage zur Gartenlaube sagt Dir, was Pröll noch für mich gethan. Er bath mich um die Recensionen da die Sonderlinge bei uns noch gar nicht bekannt seien und man was auf Urtheile der Deutschen gebe. Du wirst den Artikel wol auch Hirzeln zeigen. No 4 meiner Beilagen ist die wörtliche Abschrift eines Briefes, den ich gestern Abends erhielt. Und nun zu so viel Erfreulichem noch ein gesunder Junge in der Wiege. Ich möchte lang darüber reden, aber zum Schreiben sind Hand und Auge gar nicht aufgelegt. Hoffentlich wirds bald wieder besser und dann sollst Du einen langen Brief erhalten.
Mit dem Holländischen geht dem Uhrenmacher nicht besser als mir obwol er viel mit Hol[l]ändern verkehrt haben will. Mir macht es Freude, aus dem Artikel zu lernen. Jetzt leider komm ich zu nichts als zum Schluß meines Briefes. Entschuldige meine Kürze und Trockenheit! Es grüßt Dich und alle herzlichDejn Freund
F Michael Felder
Stettner hat nicht geschrieben, er hat also das Ausland No 33-1866 auch nicht bestellt.
BEILAGE:
MÄNNER-TURNVEREIN IN WIEN AN FRANZ MICHAEL FELDER
Herrn Franz Michael Felder in Schoppernau
Als in Nummer 15 der „Gartenlaube" 1867 ein von Dr. Rudolf Hildebrand gezeichneter Artickel weitere Kreise mit dem Manne bekannt machte, der aus dem edlen Schatze männlichen Selbstbewußtseins das Gold der Wahrheit herausgesondert hat an den Tag, wo schwarze Bosheit den Glanz zu verdunkeln strebt, mit dem es aus tiefem Bergeswinkel hervorleuchtet - damals schon sagten wir uns: „Ja! das ist ein ganzer Mann, das ist ein Kämpe für die Freiheit des Geistes und für die Entwicklung sittlicher Vollkommenheit!" Mit reger Theilnahme lasen wir Einzelnes in den verschiedenen Blättern, woraus wir erfuhren, welche Hinderniße man Ihnen bereitet, und wie schwer Ihnen der Kampf wird, zumal Sie mit offenem Viiser gegen die dunklen, oft unsichtbaren Feinde kämpfen müßen, die aus sicherem Versteck hervor ihre giftigen [Pfeile] auf den frei dastehenden edlen Mann abschiessen.
Da kamen „die Federzeichnungen aus dem Bregenzerwalde", und mit Ihnen die Kunde von der ganzen Niederträchtigkeit, die gegen Sie ins Feld geführt wird, und deren Kumpane, wir ja auch hier zu Lande in den schönsten Exemplaren vertreten haben. Die tiefste Entrüstung hat uns, und alle, die diese Mittheilungen erhielten, ergriffen; wir fühlen uns gedrängt, diese Zeilen an Sie zu richten, um Ihnen als deutsche, freidenkende Männer die Hand zu reichen, zum herzhaften Drucke des Mitgefühls in Ihrem Schmerze sowohl als zur Erhebung in diesen schweren Stunden.
Ergreifen Sie die dargebothene Hand der Männer, die mit Ihnen das Banner der Freiheit hoch halten, und offenen Auges dem Lichtstrahle entgegensehen, der nun hereinbricht, und der hoch und mächtig genug ist, daß er auch über Ihre
Berge hineinleuchtet, und das Spuckgeschlecht der Eulen vertreiben wird.
Harren Sie muthig aus auf dem Ehrenposten, auf den ihr vorwärtsstrebender Geist und Ihr männlicher Muth Sie gestellt und seien Sie überzeugt, daß über die Berge herüber Ihr Wacheruf: „Wer da?" nicht verhallt, und daß Ihnen ein tüchtiger Verein von deutschen Männern an den Ufern der Donau donnernd zuruft: „Gut Freund!" Kann Ihnen der Männer Turnverein in Wien in irgend einer Weise dienlich sein, so verfügen Sie über seine stete Bereitwilligkeit.
Indem wir in vorstehenden Zeilen dem dießfälligen Beschluße der Turnrathssitzung vom 17 März dj. Ausdruck geben zeichnen wir für den Turnrath des Männervereins in Wien 20 März 1868 Jos. Hofer
Zeugwart der Sprecher
Otto Schurschenthaler Karl Friedrich Hacker
Bücherwart Eduard Struschka
Robert [Pöschl] d.z Sprecher Stellvertreter
Schriftwart Jos. Ihm
Säkelwart Stellve. [Kruckte] 2 Zeugwart