KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
156
7. September 1865

Lieber Freund!

Die Begleiterin ist gekommen und hat uns die gute Nachricht gebracht. Ich hoffe, daß die Lisel nun ausgerastet und die Nagelbrüh geheilt sei. Koarado Motel sitzt geduldig beim Waibel und wartet auf Erleuchtung. Ich war heute wieder bei ihr und beim Doktor, dieser sagt, er wolle bis Sonntag noch zuwarten und dann selbst Bericht erstatten. Bis jetzt sei wenigstens nichts verdorben. Er erwartet dieser Tage den Dr. Koller von Wien und will ihn zu den weitern Schritten beiziehen. Der Fall scheint schwieriger, als Waibel anfangs glaubte. Mit dem nächsten Botentag werdet Ihr von Waibel das Sachliche erfahren. - Den Brief von Janko [?] habe ich bei Rückkehr von der Lose erhalten; Du kannst ihm sagen, ich habe das Nötige eingeleitet, ich könne aber für den Erfolg noch nicht einstehen. Weil der Schwarzenberger Markt - Vor­markt- auf den Sonntag fällt, werde ich vielleicht selbst dahin kommen und im Schäfle einkehren. - Heute höre ich, daß bei Andelsbuch die Lungenseuche ausgebrochen sei. Dies könnte an den Marktverhältnissen leicht Änderungen herbei­führen. Nun, man wird sehen. Kommt Tat, kommt Rat. ­Das Lisele und den Julius werdet Ihr wohl wieder heraus­expedieren, sobald es ihnen drinnen verleidet. Indessen tut strenge Buchführen und genaue Rechnung pflegen. Strenge Rechnung erhält gute Freundschaft. Jedenfalls soll das Lisele herausfahren und nicht glauben, daß es von dem mitge­nommenen Geld noch etwas bringen soll. Wenn es mehr braucht, soll es nehmen, wo es bekommt oder mir schreiben. - Wir sind gesund und wohl, die Käther besorgt emsig das Hauswesen und singt dabei, das Hausrötele und ich begleiten. Wegen des Rötele soll die Lisel keinen Kummer haben, es ist ganz wohlauf und gedeiht. Für Unkundige die Bemerkung: „Lisel" heißt auf deutsch „min Wible" und „Hausrötele" = „Aloisia". Üsa Mari soll sich Glück wünschen, daß sich die Lisel an ihr verluget hat, sie ist nun ohne Mutterschmerz verjüngt worden. -

Im übrigen ist hier alles im alten. Mit tausend Grüßen an die Meinen und Deinen Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine