AN ANNA KATHARINA MOOSBRUGGER [IN AU]

lfndenr: 
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29. Juni 1860

Innigstgeliebte!Nicht um Dir zu sagen, was ich diese Woche dachte u. fühlte, schreibe ich diese Zeilen. Aber es könnte möglich sein, daß ich Dich eine Zeit lang nicht mehr alein sprechen könnte. Z B wenn heute der Götz bei der Mari wäre - darum will ich Dir etwas schreiben.Nur wer die Liebe kennt Weiß was ich leide Alein, u. abgetrennt Von aller Freude.0  hätte doch Deine Mutter nur einmal in ihrem Leben einen, ach! nur einen Menschen wahrhaft geliebt, aber - das hat sie nicht. Jetzt weis ich es gewis, weder ihren Gatten noch ihre ­Kinder. Und darum versteht sie uns nicht. Ich hätte ihr wahr­lich nicht so viel Herzlosigkeit zugetraut. „Geig ich, oder geig i  nit, d Geige gehört mein!“ Das sind ihre Worte, als ich sie um das letzte Wort bath. Ich habe noch Hoffnung auf Jakob mit dem ich heut sprechen werde wenn es mir wo möglich ist. Von Deiner Mutter hoffe ich nichts, gar nichts mehr, als Herzlosigkeit Kälte. Wenn sie vernünftig gesprochen hätte, hätt ich mir alles gefallen lassen, aber - Himmel ich ver­spreche Dir u. allem wer will, daß ich mit Deiner Mutter nie ihr Lebenlang nie mehr über diesen Punkt anfangen werde, denn ich weis nun genug u. will nicht mehr wissen ich fürchte sie weil es Deine Mutter? - ist aber lieben kann ich sie nicht recht, weil ich sehe, daß sie in Dir nicht ihr Kind, sondern ihren Vortheil liebt. O hättest Du eine Mutter wie ich, u. diese möchte gewiß gern auch die Deinige sein. Ach Gott nun weis ich, nun fühle ich warum Du so oft Deinen toten Vater mit heißen Trähnen beweintest. O was fühle ich wenn ich an Dich u. Dein Loos denke. Ich wollte Dir ein Namenstag­Sonett dichten, aber es war zu einer Klagode u. ich will es daher zu Hause behalten weil es ja ungeschrieben Klagen genug gibt. Nicht die fast abschlägige antwort der Mutter, nein nur ihre Kälte that mir so weh, daß mich heute noch friert, wenn ich daran denke. Aber Du, Deine Liebe O die machen mich dann doch wieder froh u. glücklich. Du bist doch mein u. ich Dein u. so lange das ist, sind wir doch glück­lich. O Geliebteste! Festes Gottvertrauen und treue Liebe wer­den uns tragen und dulden helfen, u. uns am Ende doch noch zusammen bringen. Und ist nicht auch unser Verhältniß so, wie es jetzt ist, recht schön u. glüklich. Wir haben alles mit einander alles vertrauen wir uns. O Gott! laß es so bleiben, und gib uns Mut im Kampfe mit den Feinden unseres Glükes! Sollten wir gehindert werden, Anno 61 unseren Plan auszu­führen, - nun - so müssen wir uns ins unvermeidliche zu fügen suchen. Deine Mutter, Mari, und der Schneider werden alles anwenden uns zu trennen, aber Du bist doch frei u. ich vertrau auf Dich u. Deine Treue. Und indem ich diesem Ver­trauen auf Dich mich hingebe mit Herz u. Seele, bin ich auch ferne von Dir glüklich. Glüklich durch die Liebe u. Dich. Auch Du darfst mir trauen, ich werde Dich nie verlassen, werde Dich treu u. innig lieben, so lange dies Herz schlägt, das schon so oft glüklich sich fühlte, wenn es an dem Deinen ruhte. Ja Geliebte, bei der Seligkeit jener Augenblicke u. bei allem was mir heilig ist, schwöre ich Dir, Dich treu u. so wie jetz zu lie­ben, so lange als Dich diese meine Liebe, mein Herz u. mein Alles glüklich machen kann. O so bleibe auch Du die meinige, u. dann O dann bin ich immer glüklich. Liebe sei unsere Begleiterin u. Treue unser Losungswort! Wenn Du glaubst, daß es zu etwas gut sei, der Mutter aus der Welt des Herzens vorzulesen, so thue es, das steht Dir frei. Mein Humor war diese Woche just so wie dieses Blatt, ich traue auf Dich u. sonst ist mir alles gleich was keine Bezie­hung auf Dich hat, ich lese im Shakspeare u. denke an Dich Du bist mir immer gegenwärtig. O daß ich Dir alles sagen könnte, was ich fühle - aber das kann ich nicht. Also lebe wohl, ach vielleicht auf lange u. bleibe stetz DeinemFranz Michel FelderGrüß mir die Mutter u. alle wenn - Du willst, wolle!

Keine