VON RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
526
26. April 1868

Lieber Freund,

Ich muß Dir doch endlich schreiben, obwol auch nur kurz, ich bin sehr gedrängt und dabei etwas angegriffen. Zunächst meinen herzlichsten Glückwunsch zur glücklichen Vermehrung Deiner Familie, und denselben Glückwunsch vom Club und vom Hinterhause, besonders von den Frauen, die das Wible aparte grüßen lassen. Es ist doch alles munter und wohl? Auf welchen Heidennamen hast Du denn dießmal taufen lassen? Laß mich das und anderes Genauere doch bald hören.

Die Einlagen Deines letzten Briefes haben mir viel Vergnü­gen gemacht, obwol von Deinem Bericht über den Wirts­hauskampf damals doch auch wieder Ärger und Noth für Dich zu fürchten sind. Verhalten sich denn die Gegner ruhig? Tapfer ist die Zuschrift des Wiener Turnvereins. Bei dem Berichte über Dich von Prölß hat wol Dein Schwager oder Du selbst Stoff geliefert? Ich habe alles Hirzeln zu lesen ge­geben.

Heute komme ich aber wieder mit einer Freude für Dich aus Holland. Ich will Dir lieber gleich den Brief selbst mit­schicken, mit der Bitte, daß Du mir ihn so bald als möglich wiederschickest, damit ich dem guten Manne schreiben könne. Er hat Deine Sonderlinge also ins Holländische über­setzt! Das freut mich ungemein. Das Geschäftliche bei der Sache ist leider nicht erfreulich; d.h. es besteht mit Holland noch kein Staatsvertrag, wonach Verfasser und Verleger von dort Antheil am Gewinn in Anspruch nehmen könnten. Ich werde aber in meinem Briefe an den Übersetzer eine An­deutung mit einfließen lassen, ob man dabei nicht Deiner gedenken wollte. Oder willst Du selbst an ihn schreiben? Dann schick uns nur den Brief mit. Eine Photographie von Dir will ich ihm auch schicken, ich habe noch welche hier. Doch ich muß heute schließen. Mit besten Wünschen für Dich und alle Deine Lieben

Dein R. Hildebrand.

BEILAGE:

HENDRIK FREDERIK WILLEM GROTTENDIECK

AN RUDOLF HILDEBRAND

Alkmaar 20. April 1868 Verehrtester Herr Professor!

Obwohl Ihnen gänzlich unbekannt, nehme ich mir die Frei­heit, Ihnen zu schreiben. Darf Ihnen meinen aufrichtigen

Dank zubringen dafür, daß Sie mich wie viele andere in un­serem Lande durch Ihren geehrten Artickel, Franz Mich. Felder, ein Bauer als Dichter, Gartenlaube 1867 No 15, mit dem Dichter der Sonderlinge bekannt gemacht haben? Herrlich schöne Stunden habe ich mit Felders ruhig u. klar und scharf gezeichneten Charakteren durchlebt. Diese ein­fachen herzhaften Bregenzerwälder sind Menschen mit Kopf u. Herz, nicht nur Hirngespinste eines Autors. Felder hat in seinen beiden Werken angezeigt, daß er Dichter - Künstler ist.

Möge er uns noch vieles schenken! In dieser Hinsicht weiß ich, bin ich [im] Niederland der einzige nicht. Im Original haben viele schon seine Dichtung genoßen. Den nämlichen Genuß, den ich und viele ihm verdanken, wird bald allen Holländern geboten werden. In kurzer Zeit wird eine von mir gewagte Übersetzung herausgegeben werden. Gänzlich unbekannt ist Felder den Holländern nicht mehr. Jule le Guls (der Führer) einer im Ton der Revue des Mon­des gehaltenen Monatsschrift, hat einen sehr netten gedie­genen Artickel über Felder veröffentlicht. Dadurch ist das Intereße auch bei dem nicht Deutsch lesenden Theil meiner Volksgenoßen erwacht.

Nun möchte ich gern meine Übersetzung mit einem Vorwort über Felder einleiten: an wen, dachte ich, würde ich mich besser wenden können, als an Sie. Alles was von Felder mir bekannt ist, außer dem Ihrigen obengenannten Artickel, auch nach den deutschen Blättern 1867 No 7, 20, 21, 26. Seit den letzten Bericht, den seiner Flucht, ist mir nichts weiteres mehr von Felders Schicksal bekannt. Sie wissen vielleicht näheres von ihm. O, wenn Sie die Güte haben wollten, mir etwas mehreres Näheres, von Ihm zukommen zu lassen, ich werde Ihnen meinen schönsten Dank dafür bringen. Ist vielleicht auch bekannt, ob von Felder ein Bild zu haben ist? Es sei was es wolle, wenn es ihm nur ähnlich ist. Wenn ich wüßte woher, ich würde es mir kommen lassen, u. nachgestochen es meiner Übersetzung beifügen.

Hochgelehrter Herr Professor!

Entschuldigen Sie gefälligst dieß mein Fehlerhaftes Schreiben, erinnern sie sich gütigst, daß die deutsche nicht meine Mut­tersprache ist.

Hochachtungsvoll

Ihr ergebenster Diener H. F. W. Grottendieck zu Alkmaar (Provinz Noord Holland)

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