VON KARL PRÖLL AUS GRAZ

lfndenr: 
488
19. Februar 1868

Werther Herr u. Freund!

Ihrer Reklamation bezugs der „groben Federzeichnung" habe ich mit unerfreulichem Bangen entgegengeharrt, obwol ich mir bewusst bin, nach besten Wissen u. Gewissen gehandelt zu haben. Hören u. urtheilen Sie selbst. Als ich Ihren Brief u. das Manuskript erhielt, dachte ich mir: In der Gartenlaube kann ich es wegen unserer Vorausdrucke erst Ende Februar bringen. Bei der N. F. Presse kenne ich nur Thaler gut, weiss aber daß er alle Woche nur einmal in das Redaktionslokal kommt, u. ziemlich bequem ist. Nordmann „Redakt, des Wanderer" hatte mir in letzter Zeit einen sehr freundlichen Brief geschrieben, sich als Mitarbeiter freiwillig angeboten; das Blatt hat eine sehr liberale Färbung. Ich glaubte also Ihrem Interesse am Besten zu dienen, indem ich umgehend, also vor fast 4 Wochen das Manuskript mit einem warmen Briefe begleitet, an Nordmann sandte. Unterdess habe ich Ihre frühere Vorarlberger Skizze gleich gebracht u. sie ist bereits vor 2 Num­mern erschienen. An Nordmann habe ich während der Zeit 3 mal geschrieben, gebeten, reklamirt: bis heute keine Antwort, nicht einmal in der Druckkorrespondenz - die Sache ist mir unerklärlich. Auf der Post ist es nicht verlorenen gegangen, sonst hätte man mir darauf hingewiesen. Ich bin mindestens gesagt, entrüstet u. schreibe gleichzeitig, mit diesem Brief heute einen 4. an Nord­mann. Ich bitte thuen Sie in höflicher Weise dasselbe. Ich habe leider die Vermuthung, dass durch irgend eine Nachlässigkeit das Manuskript in Wien verludert wurde u. daß man die Sache dort todtschweigen will, um nicht das unbequeme Eingeständniss zu machen. Für meine Mittheilungen bürge ich mit Ehrenwort. Herr Hügel hat selbst das Paket gemacht u. denselben Tag abgesandt, er wiederholt es mir eben, unser Austräger zur Post ist eine ehrliche u. genaue Natur; überdies hätte man mir wenigstens aus Wien bemerkt, daß kein Manusk. angekommen auf meine Mahnbriefe.

Sehen Sie, so ist die Wirthschaft unter uns Liberalen von Profession Lauheit, Rücksichtslosigkeit etc. Ich hoffe, daß Sie meinem Wort glauben u. bitte sich die Uiberzeugung beim Wanderer selbst zu verschaffen u. bin neugirig, ob sie gegen Sie auch so rücksichtslos sein werden.

Vorläufig, damit aber doch etwas geschieht bitte ich Sie nochmals um eine kurze möglichst scharf gefasste Notiz der gewissen Vorfälle umgehend.

Die lasse ich in der hiesigen Tagespost die 7 - 8000 Ab. hat gleich abdrucken (des Redakteurs bin ich sicher u. kann ausserdem direkt auf die Kappe gehen). Ist dieselbe gedruckt, so sende ich sie augenblicklich an Thaler zur Weiterarbeit in der „N. Presse" u. an das „neue Tagblatt". Haben Sie dann Zeit zu einem grösseren Aufsatz, falls Nordmann wieder schweigen sollte u. meine Ahnung sich bestättigt, so werde ich in ähnlicher Weise kolportiren. Die Schande dürfen Sie uns gar nicht anthun, dass nur norddeutsche Blätter sich Ihrer annehmen. Auf mein Manneswort auch ich will es thun u. werde nicht immer auf so unerhörte Rücksichtslosigkeit stossen. Also grollen Sie nicht mir Unschuldigen. Gruß u. treuen Handschlag von Ihrem

Pröll

Keine