VON JOSEF VON BERGMANN AUS WIEN

lfndenr: 
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15. November 1863

Geehrter Herr Felder!

Ihre umfang- und gehaltreichen Blätter, bestimmt Beiträge zu meinem Vorarlberg. Idiotikon zu bilden, habe ich durch die Güte meines alten Freundes, des Ingenieurs Jos. Willam, rich­tig erhalten, wofür Sie meinen verbindlichsten Dank ent­gegennehmen mögen, bis ich Ihnen etwas Fertiges übersen­den kann. Da der Director des kk. Münz- u. Antikencabinets, Herr Jos. Ritter v. Arneth, in Folge heftiger Verkühlung in Karlsbad in Böhmen, wo er seinen Herrn Sohn besuchte, am 31. Octob. gestorben ist, wurde mir als Senior des Amtes, bei dem ich seit 35 J. diene, die Verwaltung anvertraut, daher verdoppelte u. sehr verantwortliche Geschäfte, weshalb ich dermals an meinem Idiotikon nicht, wie ich soll u. wünsche, arbeiten kann. Den größeren Theil Ihrer Zettelchen habe ich schon durchgelesen u. vieles Brauchbare gefunden. Ich werde Sie um das, was mir etwa nicht genug klar ist, zu erklären bit­ten, nachdem ich gelegentlich diese Wörter zusammengestellt habe. Wenn Ihnen im Laufe des langen Winters die erforder­liche Muße zur Fortsetzung der Arbeit gegönnt ist, so bitte ich dieß ja im Interesse der Sache zu thun, wozu aber nicht so schönes Papier nöthig ist. Um Ihre Zettel den meinigen bequem einreihen zu können, wollen Sie dieselben wohl um einen halben Zoll kürzer machen.

Besonders sind mir willkommen Sprichwörter, Schwänke. Soeben lasse ich mir abends, da ich selbst beim Kerzen- oder Lampenlichte schwer lese (ich zähle 67 Jahre) Ihr Lebensbild aus dem Bregenzerwalde „Nümmamüllers und das Schwar­zokaspale", das mir Herr Willam gegeben, vorlesen, das mich über das innerste Leben u. Wesen unsers Völkleins belehrt u. höchlich erfreut. Der alte Schwarz (ist er nicht aus Graubün­den eingewandert?) u. der Tiroler mit den Kitzihäuten u. so vieles andere, das Sie so naturwahr aufgefaßt u. dargestellt haben, hat mir u. den Meinigen viele Heiterkeit gebracht; ich versetze mich ganz in den Kreis dieser Leute hinein! Manche Parthien sind meisterlich behandelt, in diesen Tagen werden wir mit der Lectüre fertig. S. 11 schreiben sie „Nathstubat" nicht richtig, es muß sein: Nahtstubet, vom mittelhochdeut­schen naht, erst später tritt das C (Nacht) ein. So muß man schreiben Draht, Naht (nicht Drath, Nath) von drehen, nähen. Dieß etwa, wenn eine 2te Auflage erscheinen sollte. S. 25. statt rähgod würde ich schreiben räkod, welches räken oder ragen auch um Feldkirch gehört wird.

Mir wäre ein Abriß Ihres Lebens, Ihres Bildungsganges, Ihrer Lectüre, besond. der dorfgeschichtlichen, von wahrem Inter­esse; ferner wer Sie veranlaßt dieses Lebensbild zu entwerfen u. auszuarbeiten. Da ich dermals, wie oben gesagt, überaus viel zu thun habe, so stellen Sie mir in klarer, edler Kürze den Gang, den Faden der Erzählung zusammen, heben die Haupt­oder Glanzpuncte heraus (mit Angabe der Seite), damit ich die [Anzeige], in eines der gelesensten Blätter machen oder veranlassen kann, was zur Verbreitung des Buches beitragen soll. Was haben Sie während dieser Winterzeit unter der Feder, denn ich glaube kaum, daß Sie stundenlang auf der Bank beim Ofen zu ruhen vermögen? Es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.

Meine herzlichen Grüße an Herrn Pfarrer Raidt, meinen alten Freund, in der Au u. dessen Kaplan Faißt, meinen Vetter, des­gleichen an den Schoppernauer Wirth u. die junge Frau oder Witwe, die mich mit Herrn Ingenieur Willam im letzten Früh­ling im kais. Belvedere besucht haben. In voller Hochachtung verbleibe ich Ihr aufrichtiger

jos. Bergmann

kais. Rath u. Custos

(im kk. Belvedere Nr. 6).

 

Keine