VON JOSEF BERGMANN AUS WIEN

lfndenr: 
334
9. Mai 1867

Lieber Herr Felder!

Nehmen Sie für Ihre Zeilen vom 29. April, die mir ein Lands­mann überbracht hat, meinen verbindlichen Dank. Leider habe ich diesen Landsmann nicht gesehen, somit auch nicht gesprochen, was mir recht willkommen gewesen wäre, indem ich stets gern Etwas über unsern Wald vernehme. Vorgestern habe ich aus Leipzig her Ihre „Sonderlinge" erhal­ten, bin aber wegen mehrerer Sitzungen, denen ich beizu­wohnen hatte, bisher verhindert worden deren Lectüre anzu­fangen. Indeß sage ich Ihnen für Ihre Gabe meinen schuldi­gen Dank, werde aber bedacht sein für dieselbe etwas Ent­sprechendes zu übersenden.

Da ich wegen meines Katarrhs keine Besuche mache, konnte ich auch nicht an der partienweisen Vorlesung Ihrer ersten Publication, nämlich Nummamüllers, Theil nehmen, die bei einer angesehenen u. gebildeten Dame gehalten wurde. Wohl war meine Tochter zugegen, der Vorleser, selbst ein Poet u. Beamter an der kais. Hofbibliothek, war über dieses Lebens­bild ganz entzückt u. erfreute die ganze Gesellschaft. Es steckt in demselben Wahrheit u. eine Frische wie Alpenluft; der Leser soll ausgesprochen haben, er besorge nur daß Sie von der einfachen Natur, die so wohlthuend bezaubert, abirren, u. sich vom vielen Lobe verleitet mehr dem Kunstroman an­heimfallen.

Bewahren Sie treu die Eindrücke der Mutter Natur und folgen Sie treu ihrer wahren Stimme!

Jener oberwähnte Vorleser, der eine gute Feder führt, will nach meinem Wunsche seiner eingehenden Anzeige Ihrer bei­den Publicationen als Unterlage einen lebensgeschichtlichen Abriß vorausschicken, wann u. wo Sie geboren, u. wie sie zu dieser Richtung u. Ausbildung gekommen, wer und was vor­züglich auf Ihre Entwicklung Einfluß genommen hat. Den Stu­fengang der Lectüre, der nicht gleichgültig ist. Diese Notizen wollen Sie mir, wenn thunlich recht bald in aller Einfachheit zukommen lassen.

Leben Sie recht u. verleben Sie einen glücklichen Sommer in den  Bergen,  in  denen  ich  auch  noch  einmal  vor meines Lebens Ende übersommern möchte! Mit herzlichem Gruße Ihr wohlmeinender Landsmann

Jos. Bergmann /:lll. Rennweg Nr. 6:/

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