VON FRANZ MICHAEL FELDER AUS LEIPZIG AN JOHANN JOSEF FELDER IN SCHOPPERNAU

lfndenr: 
564
20. Juli 1868

Lieber Seppel

Von einem Ausflug ins Preußische und auf den Schauplatz der Gustav Adolfschlacht kommend, fand ich Deinen Brief und das war wol das einzige, was Dem Vergnügenssatten noch einen Genuß bringen konnte. Daß Du nicht die Allgemeine Zeitung bestelltest muß ich bedauern. Sonst ist ja alles gut und ich hoffe bei dem erwähnten Feste gegenwärtig zu sein da ich am Freitag abdampfen will. Der Schattendichter soll nur sein Empfangslied beginen, denn wer bloß einmal kann dem ists nun gerathen.

Du gehst also nicht nach Wien? Kannst Sonabends nicht nach Lindau und nicht gi Bäzouw? Nun vielleicht doch am Montag gegen Abend nach Au und wenn ich nicht komm, am Dienstag wieder, denn am Dienstag denk ich ganz bestimmt zu kommen. Ich werde viel zu erzählen haben und viel Fröhliches, Jeder Tag hier ist mir Gewinn gewesen und besonders hübsch war es, seit für Hildebrand die Ferien begannen, Einzelnes zu schildern behalte ich mir für die Zukunft vor. Es wird sich dann mehr Zeit finden als jetzt obwol ich den Kopf voll Pläne zu neuen Arbeiten herumtrage nur zweifelnd, worauf ich mich werfen soll. Vor allem wird man heuen müssen wie wild, denn die Leute scheinen ohne mich nicht vorwärts zu kommen.

Nun auch darauf hin freu ich mich wie ich überhaupt viel Heiterkeit mitbringen und unter euch statt einem Kraum verthei­digen werde - wollte schreiben vertheilen, aber so gehts, wenn man nebenbei plaudert. Niemand kann zwei Herrn dienen. Das wird auch das Dökterle merken. Laß mir Martins Schneider grüßen und sag ihm ich hätte seinen Brief erhalten, und mich sehr darüber gefreut. Auch Oberhausers grüße mir und bestättige den Empfang von Kaspars Brief. Ich würde ihm auch schreiben, doch heut ists Nacht, Morgen gehts nach Weimar und hernach habe ich mit Packen und Abschiednehmen zu [tun]. Das Abreißen aller Fäden hat etwas ungemein Peinliches, doch ich blicke nach Süden, wo euere Heimat liegt und rufe euch ein frohes Grüß Gott entgegen, euch allen, die treu zu mir standen in guten und bösen Tagen. Gut Heil, bisher ists immer beser geworden und wir sind doch keine Greise -

Es grüßt Dich und meinen ganzen Kreis, auch meinen Heuer und Dein Weib und die Schwester, Oberhausers, Bierars Brauas, Vorsteher, Baltas Michales, Mühles, Schlossers im Bad, alle alle und Dich selbst grüßt 999 Mal Dein

Freund Franz M Felder

Keine