VON ANTON JÄGER AUS MAFFERSDORF/BÖHMEN

lfndenr: 
450
1. Januar 1868

Sehr geehrter Herr!

Mit Ihrer Zusendung vom 17. Nov. v. Jahres hatten Sie mir eine recht große Freude gemacht. Aus dem Artikel in den Grenzboten ersehe ich aufs Neue Ihr Schönes Talent. Haben wir nicht bald wieder etwas Neues von Ihnen zu erwarten? Mit welchem Stoffe beschäftiget sich wohl jetzt Ihre Feder? Sie werden ohne Zweifel in literarischer Beziehung viel Briefe zu schreiben haben; ich will nicht unbescheiden sein, und Sie durch Aufdringlichkeit um Ihre kostbare Zeit bringen, darum verschob ich auch die Absendung dieses Schreibens eine Zeit lang; aber in einiger Zeit werden Sie wohl wieder die Güte haben, mich mit einer Zuschrift zu erfreuen? Indem ich Ihnen mit größtem Danke Ihre Blätter aus den Grenzbo­ten zurücksende, erlaubte ich mir, denselben zwei Hefte beizuge­ben, welche einen, ursprünglich für meine Dorfchronik bestimm­ten Aufsatz von mir enthalten. -Aus dem Verhältnisse, in welchem Sie zu Ihren Landsleuten, oder vielmehr diese zu Ihnen stehen, ist zu ersehen, daß in Ihrer Heimatdie Bigotterie und die Scheu vorder Aufklärung noch viel mehr herrschend ist, als in hiesiger Gegend. Sie wohnen halt hart an dem erzkatholischen Tyrol; dafür haben Sie aber auf der anderen Seite die freie Schweiz. ­Ich sitze jetzt*) zuweilen einige Abendstunden über den „Memoi­ren eines Dorfmannes"; wenn ich wüßte, daß es Sie nicht allzusehr belästiget, würde ich Ihnen meine Denkschrift über die preußische Invasionszeit zum Durchlesen zusenden. Mit der Versicherung größter Hochachtung zeichnet

Ihr A. Jäger

*) Wie viel wäre an unserer deutschen Sprache zum Vortheile des Wohllautes leicht zu verbessern! Vier Mitlaute hintereinander; wäre nicht viel besser jetzo zu setzen?

Keine