AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
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31. Januar 1868

Lieber Freund!

Der Wahltag, von vielen ängstlich erwartet, ist vorüber, die Wahl aber nicht. Ich als Herr Wahlkommissär legte unser Wahl­gesetz anders aus als das Bezirksamt, welches offenbar meine Gegner unterstützt. Die Gemeinde behandelte die von mir angeregte Frage mit einer Leidenschaftlichkeit welche bald den Fortgang der Wahl unmöglich machte. Jetzt erst wird die Geschichte interessant. Ich trette dem Amt gegenüber und kämpfe den Kampf mit allen Mitteln aus. Ich war lang nie in so froher Stimmung als jetzt. Am Montag meldeten wir dem Amte den ganzen Vorgang, den ich Dir wol einmal des Langen und breiten erzähle. Das Amt bleibt bei seiner Auslegung des Gesetzes ich bei der Meinigen. Am Dienstag verschafften meine Freunde mir ein Fuhrwerk, mit dem ich mich beim schlechtesten Wetter nach Bregenz machte. Ich besuchte dort zuerst den Schriftsteller Byr, und dann so bald es mir möglich war, den Baron von Seyffertitz, der sich sehr erfreut über meinen Besuch zeigte. Seine Frau lud mich auf Mittag ein, bis dahin brachte ich den Baron, der unterdessen mehrere Besuche abzuweisen schien meine sämtlichen Angelegenheiten vor.

Der Baron theilte meine Auslegung des Wahlgesetzes gegen­über dem Bezirksrichter, der mit seiner Auffassung den Geg­nern den Wahlsieg sichern zu wollen scheint. Ist doch in der Sache des Uhrenmachers noch nichts geschehen, vermuthlich weil der Rößlewirth durch die Untersuchung unwählbar wer­den könnte. Ich legte dem Baron das und noch vieles klar, worauf er mir kräftigste Unterstützung versprach mir auch sofort ein Empfehlungsschreiben nach Feldkirch gab und mich auch an die Staatsanwaltschaft wies. Ich kann Dir natür­lich jetzt nicht die ganze Verhandlung erzählen, der Eindruck der letzten Tage auf mich ist der, daß alles noch ein gutes Ende nehmen werde.

Daß ich nun auch zum Schwager gieng, kannst Du Dir den­ken, ich werde mit ihm zwei schöne Tage der Erholung ver­leben und dann über Bregenz wieder heim um vielleicht am nächsten Donnerstag die dritte Wahl zu versuchen. Der Uhrenmacher mußte 15 Tage das Bett hüten. Jetzt sitzt er zuweilen ein Stündchen in der Stube. Den Gruß von Dir hab ich noch nicht ausgerichtet, da ich Deinen Brief erst auf der Reise erhielt. Ich gehe mutig und mit dem Sicherheitsgefühl des Rechtes heim. Unser Kampf gleicht einer anfangs unbe­deutenden Lauine. Ich sehe sie fröhlich wachsen. Mehr spä­ter. Beruhige Dich und Andere. Mit Gruß u Handschlag

Dein Freund Felder reisender Wahlkommissär Am Mittwoch komm ich wieder heim.

Keine