AN RUDOLF HILDEBRAND
Mein lieber verehrter Herr Hildebrand! Während es vielleicht anderwärts schon drunter und drüber geht und Tausend Unschuldige dem Ehrgeiz Einzelner zum Opfer fallen zur Scharide unseres sich aufgeklärt nennenden Jahrhunderts, befinde ich mich im schönen Vorsaß Hinterhopfreben bei Schoppernau wo ich gute Butter und schlechte Verse mache. Ihr werthes Schreiben hab ich erst vor wenigen Stunden erhalten und eile nun mit Freuden von meinem 6 Tage alten Herrmann weg um Ihnen gleich zu antworten. Sie werden den Brief doch noch lange nicht erhalten. Von der Schneckenhaftigkeit unserer Post hat ein Fremder gar keinen Begriff. Würde ich diesen Brief Morgen schreiben, so käme er erst am Sonntag nach Bregenz. Da erhält man immer alte Zeitungen und es läge mir wenig daran, wenn manches zuerst irgendwo gelesen würde. Ich hab Ihr letztes Schreiben sehnlichst erwartet, hab unterdessen den Entwurf der Sonderlinge durchblättert und finde nun selbst daß bei Marien, die als Macht des Beharrens dargestellt, vielleicht die von Ihnen erwähnten Kämpfe als überwunden bezeichnet werden sollen. Es gab auch sonst wol noch Einiges zu verbessern Kap. 7 (2. Theil). Die Gensdarmen suchen nur dann nach verbothenen Waaren Tobak u d g l. wenn keine Grenzjäger zu Hause sind. Ich kanns nicht glauben, daß Sie nicht mehr zu bemerken haben. - So hart sollten Sie doch den Eigensinn im vorigen Briefe nicht strafen. Sie haben mein volles Vertrauen gewonnen. Ich schrieb immer offen wie ich fühlte. Ihre Güte, Ihre Theilnahme, Ihre Mühen und Sorgen kann ich Ihnen durch nichts, gar nichts erwidern als durch Offenheit und Wahrheit. Daß aber das immer mein Bestreben war, ja daß das Bäuerlein nicht anders kann, das werden Sie mir glauben. Es geschieht fast immer wenn ich schreibe, daß mir die Seele in die Finger fährt, drum sind meine Briefe wohl für Sie und Ihre Freunde, aber für die Öffentlichkeit sind sie wol nicht. Mir würde angst werden, wenn ein Blatt sie aufnähme. Das hab ich jetzt recht lebhaft empfunden. Ich erhielt 2 Nummern der Norddeutschen Zeitung, in denen ein Artikel „aus Vorarlberg" auch von mir erzählt. Der Schreiber (Ich bitte Sie, ihn recht freundlich zu grüßen und mir seinen Nahmen zu nennen) stellt mich besser und größer dar als ich bin. Leider hab ich noch nicht so viel zu Stande gebracht als er meldet. Nebenbei bemerkt ist auch irrthümlich oder wol nur ein Druckfehler, daß ich einmal in der Fremde gewesen sein soll. Mir ist ordentlich Angst worden, als ich den Artikel las und er hat mir ein wenig Kopfweh gemacht. Es mag das vielleicht die nämliche Scheu sein, die mich immer vom Hause des,Photografen fernhielt. Nun ist die überwunden! Ich hoffte, schon heut Ihren freundlichen Wunsch erfüllen und Ihnen meine Photografie zusenden zu können. Das nächste Mal gewiß. Kennen Sie einen Oberlehrer Gustav Wagner? Er hat mir einen recht freundlichen Brief von Leipzig geschrieben und versprochen mich nächstens zu besuchen. Wenn nur auch Sie kämen! Die Beilagen zu Ihrem letzten Briefe sind mir, wie alles was von Ihnen kommt, als nützlich und erfreulich doppelt und dreifach werth. Ich werde, nachdem ich die Bogen vom Wörterbuch gelesen, etwas gründlicher und ordentlicher für dasselbe arbeiten; besonders werth aber ist mir Ihr Vortrag. Ist es doch etwas von Ihnen und gerade was mir das Liebste. Die Kulturstudien u. a. von Riehl und ähnliches hab ich immer mit besonderem Intresse gelesen, und schätzte mich glücklich so oft ich etwas Derartiges aufgabelte, wie Sie das auch in meinen Werken gesehen haben werden, wo ich Sitten und alte Bräuche meiner Heimath mit besonderer Vorliebe behandelte. Die in der Beilage „Bitte" gestellten Fragen werde ich beantworten sobald ich Zeit habe. Vielleicht wärs gut wenn ich die Sonderlinge noch einmal durchgehen und einiges ändern würde. Was meinen Sie? Zum Druck kommts doch nicht so schnell. Was sagt Hirzel? Man hätte jetzt Zeit, noch zu verbessern oder zu kürzen und - könnte mir das Manuscript noch zugeschikt werden. Ich möchte Ihren Rath hören. Das Echo nennt man hier s Weodorgio (das Widergeben) es widergibt. Lauine heißt Löue. Es kommt eine Lauine äs löuolot : Griffeln, von rechnen, Folgen aufsuchen, eins aus dem ändern entwikeln. Grübeln und Griffeln wie mit dem Griffel ausrechnen. Die Klipso mit s Klips. Klapf eine Menge, z. B. ein Sack voll heißt a Klapf, es klapft wo man die schwere Last hinstellt u d g . Man sagt aber nicht: ein Sak voll daß es klapft sondern einfach, a Klapf. Die Klammoro, (etwas haltendes zusammenziehendes) 1) ein eiserner Hacken, 2) die Waldameise. Klumpo, eine Masse Stollen, an Klumpo Erde Lehm Butter, zuweilen auch Fleisch; gewöhnlich aber sagt man bei Speisen a Möorggo.
Noch immer geb ich die Hoffnung nicht auf, Sie diesen Sommer noch hier zu sehen. Dann könnten wir über vieles reden was nicht so leicht zu schreiben ist weil man dann gar nichts mehr sagen kann. Meine Molkenhandlungsgesellschaft ist noch nicht zu Stande gekommen. Die Statuten aber sind schon hier und da abgeschrieben und ich werde sie vielleicht für unsere Bauern lithografiren lassen. Ich hab auch die der Dresdner Cigarenarbeiter beim Entwurf benützt. Es ist schade, daß wir nicht schon zum Anfangen kamen, jetzt war für so eine Gesellschaft die beste Zeit. Doch das sind Sachen die mich mehr kümmern als Sie. In den nächsten Tagen werd ich wol hie und da Zeit finden, Ihre Bogen zu durchgehen. Für heute schicke ich „an Klapf" Spänne. Es ist noch nicht alles gehörig geordnet denn wie gesagt: Ich bin noch nie recht zum Ordnen des Gesammelten gekommen. Die Worte, die hier und im Hochdeutschen beinahe gleich lauten glaube ich nicht schicken zu sollen? Vielleicht finden Sie bald wieder einmal Zeit einige Zeilen zu schreiben. Ich erfahre durch Sie dann wol auch wie es jetzt in Leipzig zugeht. Ich hab dem Bothen Ihre liebe Handschrift gezeigt und ihm gesagt er soll mir jeden Brief von Ihnen gleich nach Hopfreben (Vorsaß) schicken. Leben Sie recht wohl es grüßt Sie, Ihre Frau und all Ihre Lieben meine Mutter das Wible und noch besonders
Ihr ergebenster
Franz M Felder
Sprachspähne - Fortsetzung
Krips, der Kopf. Einen beim Krips nehmen, durch Worte oder thätlich unerwartet grob anfallen „da bin ich dann beim Kribs genommen worden, d h ich habe der Gewalt unterliegen müssen.
krittisch - schwierig. Ein kriüischer Mensch macht oder findet immer noch Hindernisse. Er ist unmöglich zu überzeugen oder gar zu einer That zu kriegen, Krögolar der - ein furchtsamer schwächlicher Mensch, der nur daheim sitzen oder hintennach gehen will, krögolo von zusamenkruken (kauern) vor Kälte, Angst, Furcht usw. „Er krögolot herum wie eine schlechtgefütterte Ziege", Kroüar - (Krott die Krötte) einer der unsicher in seinem Thun und Reden, dem es an Selbstvertrauen, an Achtung Geld, Werkzeugen zu dem fehlt was er sollte.
krücho - kriechen wird angewendet wie im Hochdeutschen auch die in den Stuben gezogenen Schlingpflanzen nennt man Krüchar. Ich habe einen schönen Krüchar das mänliche Geschlecht hat der K. mit allen s g Stubenstocken (in Töpfen) in der Stube gewachsenen Pflanzen gemein.
Krum der - die Biegung immer mänlich. Ein guter Krum ist nie viel um, (Sprüchwort.)
krum - nannte man alle Lahmen, Hinkenden und kurz die jenigen, die, sei es warum es wolle, nicht gerade gehen könen.
Kruo, die Krone
krus - kraus, bunt wunderlich wie im Hochdeutschen krus - kraus, bunt wunderlich wie im Hochdeutschen Kruspal die - Knorpel Verhärtung
Krutarder. Wer alles planlos zusammenarbeitet, ißt, liest, redet, wie der Krud - Krautschneider, ist ein „ungschikta Krutar." Krütz das. Kreuz, Leiden und alles Widerwärtige Krützo die, Taufe
Kuch der - Hauch, wer nach dem Aveläuten von bösen Geistern angehaucht wird, bekommt ein geschwollenes Gesicht auch vonThieren sagt man: Es ist von etwas Bösem „a kuchot" worden, (siehe Vonb,).
Kuchibutz - ein Mann, der am liebsten beim Weib oder der Magd in der Küche herumschnüffelt, überhaupt jeden guten Bissen zu erschnappen sucht und sich auf der Welt um nichts als die Befriedigung seiner Naschhaftigkeit kümmert, kuh - (vielleicht richtiger ku,) kommen Und lüoß o wi a wilde Su Gär nümma undort Scheandlo ku
Feldkircher die Stickerin