AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
645
19. Dezember 1868

Lieber guter Freund! Juheiololouhu hui hihi!

Wenn Du, zumal im Eingang eines meiner Briefe solche Jodel­töne hörst aus dem Schnee meiner Nebel bedeckten Heimat heraus und von mir, dann richte Dich auf und mache vor allem einige Freudensprünge zwischen deinen Bücherreihen herum, dann aber bitte ich den Professor, sich zu setzen, die Cigare anzuzünden und meinem Verzähl (von Erzählung) ge­lassen zuzuhören.

Eigentlich sind heute die Beilagen freilich das Wichtigste. Der Brief von Bergmann kam über Nacht ganz unerwartet, wie daher geschneit. Ich bitte Dich, ihn mir gelegenheitlich wieder zu senden.

Der zweite ist von Ministerialrath Dr Wilhelm Hamm. Ich schicke ihn Dir in einer Abschrift von Mariannen, die Dich und die Deinen herzlich grüßen läßt. Dieser Brief hat eine kleine Geschichte. Die Bekanntschaft mit Hamm hat Feurstein, der Obmann meines Vereins vermittelt, der mir mehr und mehr den Dank des Landes erwirbt.

Ich schrieb nun an Hamm und bath ihn sich für mich an die Schillerstiftung zu wenden. Kaum ist dieser Brief fort so kommt gestern der von Bergmann. Heut nun schrieb ich das gewünschte Bittgesuch und hernach machte ich mich daran, Herrn Hamm von Bergmann und diesem von jenem zu schreiben, damit sie nun ihre Schritte gemeinsam thun kön­nen und keiner auf mich böse wird.

Daß ich Dir nicht gleich von meinem Briefwechsel mit Dr. Hamm berichtete, kam davon, weil ich warten wollte, bis ich gleichzeitig auch einen Brief von Dir beantworten zu können hoffte.

Nun aber muß es heraus und ich warte nicht mehr, obwol ich nächste Woche ganz bestimmt etwas von Dir zu hören erwarte. Ich bitte Dich, meine Freude auch dem Club mit­zutheilen. O das hätte auch das Wible erleben sollen. Es konnte sich so recht aus ganzer Seele mit mir freuen. Über Reich und Arm habe ich einige recht anerkennende Zu­schriften, auch eine von Seiffertitz, erhalten. Vom Redakteur des Süddeutschen Sonntagsblatts ist mir eine Einladung zur Mitarbeiterschaft geworden. Ich habe noch nicht geantwortet. Bisher bin ich mit meiner Selbstbiografie beschäftigt, doch drängt es mich zuweilen wieder zu freiem dichterischem Ge­stalten. In Bezau hab ich etliche schöne Wochen verlebt. Ich und Feurstein sind uns noch viel näher gerückt. Auch sonst hab ich manche liebe Bekanntschaft gemacht. Auch mit Dr Greber steh ich auf bestem Fuß.

Und nun noch eins. Im katholischen Kasino in Au war am vorletzten Sonntag eine Vorlesung über - Reich und Arm. Sie war sehr zahm. „Das Buch stehe auf katholischem Boden. Hiebe seien von mir immer zu erwarten. Schreibfehler wie Not ohne H müsse man mir? verzeihen.*) Gegen die Sonder­linge sei das Buch ein Fortschritt und enthalte köstliche Pro­ben, sei aber im Ganzen nicht zu empfehlen und damit auch nicht zu verwerfen." O lieber, was willst du noch mehr?

Weihnachten naht. Möge das Fest für euch alle recht recht fröhlich sein. Grüße mir herzlich Deine Frau, die Kinder und alle die sich um mich kümmern. Hat Hirzel Reich und Arm nicht an Gottschall geschickt? Das würde ich bedauern. In der L.Zeitung erschien eine günstige aber kurze Besprechung des Buches von R. Byr. Lebe wol. Mit Gruß u Handschlag

Dein Freund F M Felder

*) Wehr Dich, Corecturenleser! ! Der Pfarrer von Au kommt mit sammt dem Kasino.

Keine