KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
87
28. Mai 1863

Lieber Freund!

Deine zwei Briefe habe ich richtig erhalten. Der letzte hat mir ein wahres Vergnügen gemacht, und zwar deshalb, weil ich meinen Freund wieder im wahren, eigenen Element sah. - Lassen wir die Weiberhistorie auf sich beruhen und erlasse mir, Dir zu schreiben, was ich über Dein vorletztes Schreiben alles gedacht habe. Ich müßte berichtigen und rekriminieren, was mir Dir und der l. gegenüber nicht wegen der Schwierig­keit der Sache, sondern wegen des Werts, den mir diese Per­sonen haben, äußerst schwer würde. Erfreuen wir uns lieber der wiederhergestellten Gemütsruhe und trüben wir nicht unnötiger Weise die klare Flut, worin das Schifflein unserer Freundschaft gemächlich hinsegelt. - Was die Philosophie betrifft, womit Du die meinige aus dem Felde schlagen wolltest, behalte ich mir vor, zu gelegener Zeit geeignete Bemerkungen zu machen. Ich möchte Dich aber vorher noch aussprechen lassen, denn was Du über die menschliche Frei­heit zu sagen hast, läßt wohl das Ende ahnen, ist es aber noch nicht. Ebenso werde ich gelegentlich über die mitgeteilten Gedichte etc. mich äußern. - ... Deine Bedenken wegen Beleidigung des Gerichtes und des Staates im ,Nümmamüller' sind gänzlich unbegründet und Du darfst die betreffenden Stellen ohne Furcht, an Deinem Vermögen Schaden zu leiden, stehen lassen. Wenn Dir auch wider Erwarten ein engherziger Staatsanwalt den Prozeß machen sollte, kannst Du es immer richten, daß Du im schlimmsten Fall zu keiner Geldstrafe verurteilt wirst und gegen Arrest hat ja Dein Freiheitsgefühl nichts einzuwenden! Gruß von Deinem Freund

K. Moosbrugger

Keine