KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
521
6. April 1868

Lieber Freund!

Eben erhalte ich Deinen Brief vom 3. d. Ms. Ich eile, heute noch diese Antwort zur Post zu bringen. Ich würde es für zweckmäßiger ansehen, daß Du in der Stille zu mir herauf kämest. Hier wärest Du wie daheim und könntest an Deinem Roman sicher und in aller Ungestörtheit arbeiten. Von hier aus könnten wir Deine bornierten und leidenschaftlichen Gegner viel besser bearbeiten, als wenn Du im Bregenzerwald steckst. Die intelligenteren Geistlichen im Lande habe ich, wie ich von allen Seiten höre, mir sehr sympathisch gestimmt. Mit Hilfe derselben ist es mir, wie ich fest glaube, möglich, in kurzer Zeit derart auf Rüscher und Konsorten einzuwirken, daß Du herrlich rehabilitiert wirst. - Deinen frühern Brief will ich im allgemeinen heute nicht beantworten, da die Antwort nicht zu Deiner Lage passen würde. Nur soviel will ich be­merken, daß nicht ich für's Volksblatt Artikel schreibe, sondem daß das Volksblatt fürmich, d. h. für uns, Artikel ge­bracht hat, von denen einer aus meiner Feder floß. Das Blatt hat sich gewendet, nicht ich. Meine Stellung zu diesem Blatt modifiziert meine Urteile daher in keiner Art. Dieses hat die Feldkircher Zeitung besser erfaßt als Du. - Die Feldkircherin macht durch Wiedergabe Deines Artikels aus der Tagespost eine maliziöse Spekulation auf ein Zerwürfnis zwischen uns und dergl. Dieser Akt der Zeitung beweist merkwürdig gut, wie recht ich in dem von Dir so übel aufgenommenen Brief hatte. Ich halte dafür, daß sie das Zerwürfnis für ausgemacht hält, wenn Du jetzt sicherheitshalber Dich wieder entfernst und zu Leuten außerhalb unserer Familie gehst. - Eine Leiden­schaftlichkeit gegen Deine nächsten Bedränger sollte Dir den Blick in die wirkliche Sachlage nicht trüben und Dich nament­lich nicht zu unklugen Schritten bringen. Es ist jetzt nicht die ultramontane Partei, die Dich verfolgt, es sind die nur Fanatiker, die die Partei selbst tadelt. Rüscher wird überall desavouiert werden. Vonbank hat mir versprochen, Deine Streitigkeiten zu schlichten, nur müsse man ihn machen lassen. Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich im letzten Brief über Eure Erklärung etwas bemerkt, was mir noch so vorkommt. Daß beim Volksblatt durch uns eben eine Krisis eingetreten ist, das solltest Du bereits los haben. Wie sie ausschlägt, das hinge von der Konferenz ab. Sie würde sicher uns zu Gunsten ausschlagen, wenn Du entschiedenes Ver­trauen zu mir bewahrt hättest und mir fest an die Seite getreten wärest. Bei der jetzigen Sachlage wird dieser mein zweiter Versuch, etwas Zeitgemäßes in dem Vorarlberger Zeitungs- und Parteiwesen durchzusetzen, vielleicht nicht mehr Erfolg haben als der erste. - Die Freunde Thurnhers zahlen ihm, wenn er im Land bleibt, seinen vollen Gehalt aus.

Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

Kaspar Moosbrugger

 

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