AN HEDWIG GASSNER IN BLUDENZ [ENTWURF]
Ich danke Ihnen herzlich, Verehrtestes Fräulein! Für die Freude, welche Sie mir mit Ihrem Schreiben gemacht haben. Es traf mich aber dasselbe nicht in meiner stillen Häuslichkeit. Ich hatte diese auf längere Zeit verlassen um vielleicht in engerem Verkehr mit Gesinnungsverwandten manchem trüben Gedanken, wenn auch nicht dem tiefen Schmerz um meine verlorene Gattin zu entrinnen. Der ist nun einmal mein Theil geworden und nur die Erinnerung an das edle reine opferwillige Wesen der Seligen vermag ihn zu mildern und zu verklären, indem nun ein neues Band mich an den Himmel knüpft. Früher war mein kleines ärmliches München meine Welt. Sie erlauben mir wol daß ich wehmütig jener schönen Zeit gedenke, daß ich eine Thräne weine am Grabe meines Glückes und dann, noch feuchten Auges den Lebenden die Hand reiche und ausrufe: Von jetzt an soll die Welt mein Haus sein!
An diesem Gedanken vermochte ich mich wieder aufzurichten, er erhob mich aus dem engen Thal, in dem ich mich vereinsamt und unverstanden sah. Ja ich bin doch auch in der Welt außer diesen Bergen. Das hat mir mancher Theure gesagt, der meinem Geist in jenen Stunden erschien. Auch Ihr Brief, verehrtes Fräulein, sagte mir das. Auch er ermutigte mich zu neuem Schaffen und nun werden Sie es mir glauben, daß er mich doppelt und dreifach freute.
Unvergeßlich bleibt mir der Tag, an welchem Herr Dr Scherer mich in Hinterhopfreben besuchte. Es war der Letzte, an dem ich mit meiner Frau auf dem Felde arbeitete. Gern hätte ich ihm später geschrieben, wenn ich seine genaue Adresse gehabt hätte. Sollten Sie mir diese mitzutheilen die Güte haben, so würde ich Ihnen dafür sehr dankbar sein.