FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER
Liebster Freund! Noch immer trägt Kot und befleckenden
Unrat
Jener mächtige Strom, des Quelle in Brixen entsprungen. Froh doch betrat ich den heimischen Boden in hölzernen
Schuhen.
Seit ich am Kreuzweg in Lugen zum Abschied reichte die
Hand Dir.
Eins nur sag ich Dir jetzt und Du bewahr es im Herzen: Segen bringt jedes Erlebnis und sei's auch schwer zu ertragen; Dennoch flehte Ben David mit Zwillingen fünfmal gesegnet: „Segne mit Maß, o Herr, und vergiß in der Gnad nicht der
ändern!"
Ähnlich nun fleht auch Dein Freund, ein Held der friedlichen
Feder.
Nicht ist ruhig im Sturm, wie der wettergehärtete Seemann, Wer nur den Musen zu leben, behaglich zu wohnen gewohnt
war.
Gerne verzeih ich ein Schütteln des mächtig bebarteten
Hauptes
Dir, dem Starken, der sicher mich manchmal zu zaghaft gesehen.
Doch vergib auch Du das Zucken, wenn ohne Erbarmen Abgehaun wurden die Bande, die jahrelang stets ich bemüht
war
Festzuknüpfen ans Herz, daß dem Bauer sein bäurisches
Dasein
Etwas erträglicher sei und daß er kein Einsamer werde; Daß er hart nun verlor, was einst er so blutig erobert.
Hier beim gelblichen Gsig und dem Kegel kühlenden Ziegers Zwischen mächtiger Berge Verschanzung, wo Schellengeläute Weidender Kühe mich weckt zu federfuchsendem Tagwerk, Hier empfind ich, was heißt: „Ihm ist wohl wie den Kühen
im Schalzbach".
Frisch auf nun schnellet des Geistes schon lang gehemmete
Spannkraft,
Wie ein Pfäfflein, das sonntags auf einer dörflichen Kanzel Der Demokrätzlen gedenkt und des Kunz und der gottlosen
Presse.
Doch - was sie tun, das wissen sie nicht und verdienen -
Verzeihung;
Aber nicht mehr, und es wäre zu viel von den Guten gefordert,
Wollten sie, daß auch ein Felder, berühmt von Vaduz bis
gen Leipzig,
Ihretwegen den herrlichen Tag und Papier sich und Stimmung Nochmals verderbe, da doch die Gnade der Reu sich nicht
reget.
Liebere Bilder umschweben den Mehltrog, auf welchem ich
schreibe,
Seit die Benn in die Mache zu Natter, dem Wagner, gewandert.
Melde nun, Muse, wie froh und vergnügt am Antoniustage Ich beim Rößlewirt saß mit dem wackeren Herzog von
Rehmen.
Nie blieb gefüllet das Glas, und nimmer geschlossen die
Lippe.
Klagen und Trostworte wechselten schneller noch selbst als
die Lieder,
Welche der sangeskundige Adel bereitwillig vortrug. Als sich Rüscher entfernte, der wie ein Fremder sich vorkam Unter den Schoppernauern, die nur um Herzog sich drängten, Froh, ihn so fröhlich zu sehn und vertraulich plaudernd
mit Feldern,
Welchen der gelbliche Wirt noch vor kurzem gar greulich
verketzert.
Wenig Neues nur flüsterte Herzog und doch war's erfreulich, Dieses und jenes zu hören vom Manne im heiligen Rocke, Welchen mir nun gegenüber zu sehen ich fast schon gewohnt
war.
Fröhliche Stunden verkündete er, die uns noch gemeinsam Werden sollten, denn kurz nur und angenehm stets zu
betreten Sei ja der Fußweg von Rehmen zu mir und von da bis nach
Rehmen.
Möchten die Herren auch lärmen, die keine Beachtung verdienen, Wie der gelbliche Wirt und der rötliche Rüscher samt Anhang.
Viel zu reden gab unser Gespräch, wie wenig gehört ward, Und der wackere Herzog wird jetzt von solchen verketzert, Die mir jede Bemerkung auf Geistliche schrecklich verargten. Aber auch mehrt sich das Häuflein der Meinigen täglich und
stündlich,
Seit von jenen der Kampf mit solcher Gemeinheit geführt
wird.
Rüscher behauptet, man müsse vergessen und essen nun
wieder, Alles scheine zu ruhn, wie es billig sei und in Ordnung.
Heute indessen erhielt ich ein freundliches Briefchen von
Mayer,
Meldend: Es sei meine Sache in kräftige Hände genommen. Eines nur sagt er mir noch und ich bewahr es im Herzen: „Nimmer werde es hier mir im engen Tale behagen, Wenn der Sturm sich auch legte, wenn Schnepfaus stößige
Söhne
Andere Ziele suchten dem längst gern geübeten Hornkampf, Wenn auch Ruhe dem Land und mir Genugtuung geworden."
Ruhiger höret die Mutter als früher ähnliche Reden, Seit auch mich sie wieder, nicht einzig die Basen nur höret. Eins noch sag ich Dir jetzt und Du bewahr es im Herzen: Schön ist in Bizau das Gut und groß sind und wohnlich die
Zimmer,
Aber eng wie hier das Tal und gewiß nicht besser die Leute. Gerne gedenk ich dagegen des freundlichen Schlößchens
bei Rankweil
Und des schönen Spazierwegs zu Feldkirchs freundlichen
Bürgern,
Und der Aussicht ins Freie, wie Dichter und Träumer sie
lieben.
Dort, Mann Gottes! wird's herrlich! so mit wie ohne den
Weinberg.
Meine Begeisterung könnte wohl selbst noch die Mutter
erfassen;
Reuen würde das „Nein" mich, wenn's wirklich für immer
entschieden.
Uhrenmacher reiste nach Baden, den Karren zu schwellen, Der noch lotterte, wie die lange verlegenen Waren. Ich indessen bin hier und forsche zuweilen im stillen, Ob wohl solche sich fänden, die gern mein Hüttchen bezögen. Erst wenn hier ich ganz los bin, wenn Herz und Hand ganz
frei wird,
Knüpf ich dort an, daß nimmer den wichtigen Schritt ich
bereue. Ist dies Briefchen nur dürftig und sind die Zeilen auch
kunstlos, Werden dem Freunde sie doch als jüngstes Stimmungskind
lieb sein Und er wird auch sein Urteil dem ersten Versuch nicht
versagen.
Grüß mir Dein Weib und auch Bella, die schlankste unter
den Jungfraun,
Die nun wohl jubelt und singt, wie wir es einstens beschlossen.
Auch die Herrn im Kaffeehaus, erprobt in der herrlichen
Jaßkunst. Herzliche Grüße auch Dir vom Freunde
Franzmichel Felder