FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
364
22. Juni 1867

Liebster Freund! Noch  immer trägt Kot und befleckenden

Unrat

Jener mächtige Strom, des Quelle in Brixen entsprungen. Froh doch betrat ich den heimischen Boden  in hölzernen

Schuhen.

Seit ich am Kreuzweg in Lugen zum Abschied reichte die

Hand Dir.

Eins nur sag ich Dir jetzt und Du bewahr es im Herzen: Segen bringt jedes Erlebnis und sei's auch schwer zu ertragen; Dennoch flehte Ben David mit Zwillingen fünfmal gesegnet: „Segne mit Maß, o Herr, und vergiß in der Gnad nicht der

ändern!"

Ähnlich nun fleht auch Dein Freund, ein Held der friedlichen

Feder.

Nicht ist ruhig im Sturm, wie der wettergehärtete Seemann, Wer nur den Musen zu leben, behaglich zu wohnen gewohnt

war.

Gerne  verzeih   ich   ein   Schütteln   des   mächtig  bebarteten

Hauptes

Dir, dem Starken, der sicher mich manchmal zu zaghaft ge­sehen.

Doch vergib auch Du das Zucken, wenn ohne Erbarmen Abgehaun wurden die Bande, die jahrelang stets ich bemüht

war

Festzuknüpfen  ans  Herz,  daß  dem   Bauer  sein   bäurisches

Dasein

Etwas erträglicher sei und daß er kein Einsamer werde; Daß er hart nun verlor, was einst er so blutig erobert.

Hier beim gelblichen Gsig und dem Kegel kühlenden Ziegers Zwischen mächtiger Berge Verschanzung, wo Schellengeläute Weidender Kühe mich weckt zu federfuchsendem Tagwerk, Hier empfind ich, was heißt: „Ihm ist wohl wie den Kühen

im Schalzbach".

Frisch auf nun schnellet des Geistes schon lang gehemmete

Spannkraft,

Wie ein Pfäfflein, das sonntags auf einer dörflichen Kanzel Der Demokrätzlen gedenkt und des Kunz und der gottlosen

Presse.

Doch - was sie tun, das wissen sie nicht und verdienen -

Verzeihung;

Aber nicht mehr, und es wäre zu viel von den Guten ge­fordert,

Wollten sie, daß auch ein Felder, berühmt von Vaduz bis

gen Leipzig,

Ihretwegen den herrlichen Tag und Papier sich und Stimmung Nochmals verderbe, da doch die Gnade der Reu sich nicht

reget.

Liebere Bilder umschweben den Mehltrog, auf welchem ich

schreibe,

Seit die Benn in die Mache zu  Natter, dem Wagner, ge­wandert.

Melde nun, Muse, wie froh und vergnügt am Antoniustage Ich beim Rößlewirt saß mit dem wackeren Herzog von

Rehmen.

Nie blieb gefüllet das Glas, und  nimmer geschlossen die

Lippe.

Klagen und Trostworte wechselten schneller noch selbst als

die Lieder,

Welche der sangeskundige Adel bereitwillig vortrug. Als sich Rüscher entfernte, der wie ein Fremder sich vorkam Unter den Schoppernauern, die nur um Herzog sich drängten, Froh,  ihn  so  fröhlich  zu  sehn   und  vertraulich   plaudernd

mit Feldern,

Welchen der gelbliche Wirt noch vor kurzem gar greulich

verketzert.

Wenig Neues nur flüsterte Herzog und doch war's erfreulich, Dieses und jenes zu hören vom Manne im heiligen Rocke, Welchen mir nun gegenüber zu sehen ich fast schon gewohnt

war.

Fröhliche Stunden verkündete er, die uns noch gemeinsam Werden sollten, denn kurz nur und angenehm stets zu

betreten Sei ja der Fußweg von Rehmen zu mir und von da bis nach

Rehmen.

Möchten die Herren auch lärmen, die keine Beachtung ver­dienen, Wie der gelbliche Wirt und der rötliche Rüscher samt Anhang.

Viel zu reden gab unser Gespräch, wie wenig gehört ward, Und der wackere Herzog wird jetzt von solchen verketzert, Die mir jede Bemerkung auf Geistliche schrecklich verargten. Aber auch mehrt sich das Häuflein der Meinigen täglich und

stündlich,

Seit von jenen der Kampf mit solcher Gemeinheit geführt

wird.

Rüscher behauptet,  man  müsse vergessen  und essen  nun

wieder, Alles scheine zu ruhn, wie es billig sei und  in Ordnung.

Heute indessen erhielt ich ein freundliches Briefchen von

Mayer,

Meldend: Es sei meine Sache in kräftige Hände genommen. Eines nur sagt er mir noch und ich bewahr es im Herzen: „Nimmer werde es hier mir im engen Tale behagen, Wenn der Sturm sich auch legte, wenn Schnepfaus stößige

Söhne

Andere Ziele suchten dem längst gern geübeten Hornkampf, Wenn auch Ruhe dem Land und mir Genugtuung geworden."

Ruhiger höret die Mutter als früher ähnliche Reden, Seit auch mich sie wieder, nicht einzig die Basen nur höret. Eins noch sag ich Dir jetzt und Du bewahr es im Herzen: Schön ist in Bizau das Gut und groß sind und wohnlich die

Zimmer,

Aber eng wie hier das Tal und gewiß nicht besser die Leute. Gerne  gedenk  ich  dagegen  des  freundlichen  Schlößchens

bei Rankweil

Und  des schönen  Spazierwegs zu   Feldkirchs  freundlichen

Bürgern,

Und der Aussicht ins Freie, wie Dichter und Träumer sie

lieben.

Dort, Mann Gottes! wird's herrlich! so mit wie ohne den

Weinberg.

Meine  Begeisterung  könnte wohl  selbst  noch  die Mutter

erfassen;

Reuen würde das „Nein" mich, wenn's wirklich für immer

entschieden.

Uhrenmacher reiste nach Baden, den Karren zu schwellen, Der noch lotterte, wie die lange verlegenen Waren. Ich indessen bin hier und forsche zuweilen im stillen, Ob wohl solche sich fänden, die gern mein Hüttchen bezögen. Erst wenn hier ich ganz los bin, wenn Herz und Hand ganz

frei wird,

Knüpf ich dort an, daß nimmer den wichtigen Schritt ich

bereue. Ist dies Briefchen nur dürftig und sind die Zeilen auch

kunstlos, Werden dem Freunde sie doch als jüngstes Stimmungskind

lieb sein Und er wird auch sein Urteil dem ersten Versuch nicht

versagen.

Grüß mir Dein Weib und auch Bella, die schlankste unter

den Jungfraun,

Die nun wohl jubelt und  singt, wie wir es einstens be­schlossen.

Auch die Herrn  im  Kaffeehaus, erprobt in  der herrlichen

Jaßkunst. Herzliche Grüße auch Dir vom Freunde

Franzmichel Felder

Keine