AN DEN VORSTAND DES MÄNNER TURNVEREINS IN WIEN

lfndenr: 
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11. April 1868

Verehrtester Herr Vorstand des Männer Turnvereins. Der im „Wanderer" erschienene Artikel entstand in einer der schlaflosen Nächte, welche die darin erzählten, und andere kaum glaublichen Thatsachen mir bereiteten. Das Gefühl der Ein­samkeit und des Verlassenseins drückte mich hier im engen ver­schneiten Bergthal um so peinlicher, weil ich mich in einem Kampf mit Gegnern sah, wie ich sie doch anderwärts schon so ziemlich überwunden, oder doch zu anständigerer Angriffsweise schon durch ihr eigenes Interesse gezwungen wußte. Ihre Gemeinheit ließ den Kampf keinen zeitgemäßen werden. Es war eigentlich nichts dabei zu gewinnen, als ein Zustand, wie ihn uns die Gesetze selbst unter der Herrschaft des Konkordates zu sichern suchten. Und doch ward ich gezwungen, für mich und meine hießigen Freunde einzustehen. Ich rief, und ein kräftiges „Gut Freund" freiheitsstarker Männer war die Antwort, und ist mir, dem Halbkranken, Niedergedrückten der Auferstehungsruf geworden.

Ich wollte, mußte selbst antworten, das aber konnte ich leider damals nicht, weil die Fieber geschüttelte Hand die Feder nicht zu führen vermochte. Aber die Antwort an die Vorkämpfer der Freiheit am Donaustrand mußte die erste sein, die ich seit dem 20. März außer dringender Geschäfte schrieb.

Was noch soll mich ängstigen und muthlos machen, wenn mir selbst die Gemeinheit meiner Gegner das Glück verschafft, deutsch und frei gesinnten, frischen, frommen, fröhlichen Männern am Donaustrande die freiheitsstarke Rechte zu drücken über all die Berge hinüber, die uns nur noch äußerlich trennen? Wol erlauben meine Mittel mir nicht, den verehrten Kreis von Männern kennen zu lernen, der im vielbewegten Leben und Treiben der Reichshauptstadt noch so liebevoll des armen, einsa­men Bäuerleins gedenkt. Aber geistig bleiben wir uns nahe, und in jeder trüben Stunde soll und wird mir zum Tröste gegenwärtig sein, welche Herzensfreude mir einst aus dem von erbitterten Gegnern ausgestreuten Samen erwuchs.

Um meine Freude über die werthe Zuschrift etwas nachzu­empfinden, müßte man sich in meine Lage, in dieses Thal denken können, wo die Hetzerei seit jenem Artikel fast immer wuchs und auch jetzt noch keineswegs zu Ende ist. Erst dann wüßte man, wie mir der Zuruf von Männern, die am Donaustrande sich brüderlich zusammenthun und das Banner der Freiheit hoch halten, mir ein Ereigniß war, in dem ich das Morgenroth einer neuen schönen Zeit zu erblicken glaube. Glück auf!

Herzlichen Gruß und Handschlag allen Mitgliedern des Männerturnvereins von Ihrem ergebenen

Franz Michael Felder

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